Artenvielfalt fördern
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Um die Artenvielfalt von Wildbienen effektiv und langfristig zu erhalten, aber auch zu fördern, bedarf es eines gezielten Lebensraumschutzes und gut durchdachten Maßnahmen. Jedoch kann jede:r den fleißigen Bestäubern in seinem Zuhause unter die Flügel greifen und sie unterstützen. Auf dieser Seite erfährst Du alles was Du wissen musst, um Wildbienen einen passenden Lebensraum zu bieten.
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Lebensraum
Um Wildbienen gezielt zu unterstützen, gilt es einiges zu beachten. Ganz am Anfang sollte man sich einiger grundlegender Informationen bewusst sein, z.B. was denn alles im Lebensraum von Wildbienen vorkommen sollte. Als Lebensraum bezeichnet man jenes Areal, in dem eine Art lebt und alle für sie überlebenswichtigen ´Requisiten´ vorfindet. Wildbienen brauchen in ihrem Lebensraum vor allem Folgendes: Nahrung(spflanzen), Nistplätze und Baumterial(letzteres wirdzum Erstellen der Brutkammern benötigt). Wie groß dieser Lebensraum ist, mag überraschen, denn Wildbienen fliegen nicht viel weiter als 150-200m zwischen Nistplatz und Nahrung (Hofmann et al. 2020). Die Distanz variiert zwar je nach Größe der Art (und kann auch mehrere hundert Meter betragen), aber dennoch ist diese Studie wohl die Antwort auf die Frage, warum viele noch so schöne Nisthilfen unbesiedelt bleiben. Der Lebensraum einer Wildbienenart muss also auf sehr geringer Fläche vieles bieten. Was erstmal nach einer großen Herausforderung für uns Menschen klingt, lässt sich leichter umsetzen als gedacht.
Im Folgenden wird auf die drei wichtigen Lebensraumaspekte (Nisthilfen, Baumaterial und Nahrungspflanzen) eingegangen.
Nisthilfen
In Österreich gibt es knapp 700 Wildbienenarten (Zettel et al. 2015), wovon jede sehr spezielle Anforderungen an ihren Lebensraum und somit auch an ihren Nistplatz hat. Dementsprechend gilt: Je vielfältiger der angebotene Lebensraum ist, desto mehr Arten können angelockt werden. Nisthilfen sind aber niemals ein Garantie dafür, da gewissen Arten nur in bestimmten Regionen vorkommen oder vielleicht einfach nie den Weg in den Garten oder zum Balkon finden. Weiters sollte beachtet werden, dass für Wildbienen die hier erwähnten Lebensraumaspekte eine wichtige Rolle spielen und NICHT, ob wir Menschen die Nisthilfe oder den Garten/Balkon ästhetisch ansprechend finden!
Good to know: Wer einen halbwegs seriösen Umgang mit Wildbienen pflegt oder pflegen will, sollte von Begriffen wie „Insektenhotel“ oder „(Wild)Bienenhotel“ Abstand nehmen. Warum? Westrich formuliert es auf seiner Website folgendermaßen:
„Frage: Würden Sie als Gast in einem Hotel Möbelstücke nach draußen befördern, putzen, Zimmer tapezieren, Wände hochziehen oder Türen einbauen? Wohl kaum. All dies machen aber die Weibchen, die die Nisthilfen für ihre Brutfürsorge nutzen. Und wir Menschen führen diese Tätigkeiten im eigenen Haus oder in der eigenen Wohnung aus.„
Hin und wieder werden Nisthilfen zwar auch als Schlafplatz aufgesucht, jedoch verbringen die meisten Individuen ihre Entwicklungszeit (Monate bis Jahre) vom Ei bis zum adulten Insekt in den Nisthilfen. Dementsprechend ist die Bezeichnung „Hotel“ irreführend. Es sollten die Bezeichnugnen „Nisthilfe“ oder „Haus“ verwendet werden.
Standort und Montage
Wildbienen müssen an der Nisthilfe ein bestimmtes Mikroklima vorfinden und da sie wärmeliebend sind, brauchen sie Sonne. Daher sollte für die Nisthilfe ein stauwarmer Standort gewählt werden und diese nach Süd-Ost bis Süd-West ausgerichtet werden. Die Anflugschneise bzw. der Bereich unmittelbar vor der Nisthifle sollte unbedingt freigehalten werden. Weiters sollte die Nisthilfe wettergeschützt sein, also an einer Stelle befestigt werden die überdacht bzw. geschützt ist oder selbst mit einem Dach o.ä. augestattet sein. Bei größeren Nisthilfen ist es auch wichtig, dass diese ordentlich im Boden verankert und damit auch standfest sind.
Um die Niströhren vor Feinden zu schützen und/oder für Beobachtungen zugänglicher zu machen, kann entweder ein weitmaschiger Kaninchendraht in einem Abstand von 10cm zu den Einfluglöchern montiert werden oder man bringt (Plexi-)Glasscheiben in einem Abstand von wenigen cm an. Dies hält vor allem hungrige Vögel davon ab die Eingänge der Niströhren aufzubrechen, stört aber die Wildbienen beim Anflug nicht.
Nicht nur adulte Wildbienen, sondern auch ihre Larven sind an ein bestimmtes (Mikro-)Klima angepasst. Das betrifft auch die kälteren Monate. Nisthilfen dürfen auf keinen Fall im Winter (nach drinnen) übersiedelt werden! Die Temperaturen würden dazu führen, dass die Bienen schlüpfen und auf Grund von fehlender Nahrung sterben. Generell sollte die Nisthilfe nicht bewegt werden, es sei denn zur Reinigung. Wie eine solche Reinigung durchgeführt werden sollten, wird hier genau erklärt.
Hohlräume
Viele von uns kennen die Löcher oder Fraßspuren in Holz. Diese wurden von Käfern oder Holzwespen angelegt und werden irgendwann von Wildbienen als Nistplatz genutzt. Derlei Hohlräume sind am einfachsten nachzuahmen und werden auch sehr gerne angenommen.
Eine Möglichkeit bieten Bambus-, Schilf-, oder Pappröhrchen, welche im Durchmesser zwischen 3 – 9mm variieren sollten, da auch hier jede Art andere Ansprüche hat. Weiters ist darauf zu achten, dass die Röhren hinten verschlossen sind (wenn nicht, dann verschließen oder an der Rückwand einer Nisthilfe befestigen, z.B. mit Gips oder lösungsmittelfreiem Leim) und dass die Öffnungen glatt sind. Denn an zerfransten Öffnungen (wie sie vor allem Nisthilfen in Geschäften haben) zerreißen sich die Wildbienen die Flügel und schnell wird aus einer Nisthilfe ein Wildbienenvernichter.
Es können aber auch Hartholzblöcke besorgt oder selber hergestellt werden. Am besten eignen sich gut getrocknete und unbehandelte Eiche, Buche oder Esche, aber auch Obstgehölze. Bei den Maßen der Holzblöcke ist nur eine Tiefe von mind. 15cm zu beachten, alles andere kann frei zugeschnitten werden. Auch hier ist es wieder wichtig, dass die Lochdurchmesser zwischen 3 – 9mm variieren, so dass man den Ansprüchen mehrerer Arten gerecht wird. Gebohrt wird ins Längsholz (wo vorher die Rinde war) und immer mit der ganzen Bohrertiefe (aber einen Durchbruch sollte man vermeiden!). Die Löcher sollten nach dem Bohren ordentlich gereinigt und geschliffen werden. Wichtig ist auch, dass zwischen den Bohrlöchern genug Abstand bleibt, um Rissbildungen zu verhindern. Abstände von 1 – 2cm (mehr Abstand bei größeren Löchern) haben sich bewährt. Da sich Bienen beim Anflug zuerst visuell orientieren und dann erst am Duft, empfiehlt es sich die Löcher durcheinander oder gern auch in frei wählbaren Mustern anzuordnen.
Auch Baumstämme (Obstholz, Esche, Buche, Eiche) eignen sich hervorragend um angebohrt und präsentiert zu werden. Die Stämme sollten wirklich gut getrockent werden (1 – 2 Jahre) und unbehandelt sein. Bitte auch hier ins Längsholz bohren, um Rissbildungen möglichst zu verhindern und die Löcher danach schleifen und reinigen (z.B. mit Druckluft). Bei den Durchmessern wieder auf 3 – 9mm achten.
Man kann auch Tot- oder Morschholz Stämme anbieten. Dazu wählt man 1 – 2m lange Stücke aus, lagert diese an sonnigen Plätzen. Je nach Abbaugrad und Holzart werden sich unterschiedliche Arten ansiedeln.
BITTE auf keinen Fall Nadelhölzer verwenden, da diese teils stark ausfransen oder das Harz den Bienen die Flügel verklebt!
Zu guter Letzt können auch Strangfalzziegel angeboten werden, sofern die Löcher der Ziegel die passenden Größe (3 – 9mm) haben. Bitte unbedingt die hinteren Enden verschließen und die Ziegel waagerecht anbieten.
Markhaltige Stängel
Ein kleiner Teil der Wildbienenarten (ca. 5%) nistet bevorzugt in markhaltigen Stängeln. Jedoch schafft es nur eine Art, nämlich die Dreizahn-Mauerbiene (Osmia tridentata), sich durch die verholzte Wand der Stängel zu nagen. Das heißt, alle anderen Arten sind auf freigelegtes Mark (durch Umknicken oder Abschneiden) angewiesen und nagen sich dann ihre Niströhre ins weiche Mark. Am besten nimmt man ca. 15mm dicke und 1m lange Stängel von Brombeere, Hollunder, Himbeere, Königskerze oder Disteln. Die Stängel sollten senkrecht (!) und möglichst vereinzelt an gegebenen Strukturen befestigt werden. Will man die Stängel in den Boden stecken, muss das untere Ende gut geschützt werden, da die Stängel sonst faulen und dann nicht mehr besiedelt werden.
Löss
Gewisse Arten nisten gerne in sandigen oder lehmigen Steilwänden, wie sie z.B. an Flussufern oder Weinbergen zu finden sind. Für derartige Nisthilfen empfiehlt sich Löss, welcher aber nur schwer nachzuahmen ist. Natürlicher Löss sollte nicht einfach aus der Natur entnommen werden, da dieser vielen Lebewesen als Lebensraum dient! Eine gut bewährte Möglichkeit ist, Baulehm (z.B. von CLAYTEC) mit Sand zu vermischen. Es kann hierbei auch Spielsand verwendet werden, aber eher kein zu lehmiger Sand, da mit dem Sand eine Abmagerung des Lehms erreicht werden soll. Außerdem sollte der Sand möglichst ungewaschen sein.
Das Verhältnis von Sand zu Lehm schwankt je nach konkreter Beschaffenheit der Materialien. Am besten mischt man zuerst eine kleine Menge an: Dazu rührt man den Lehm nach Anleitung an und gibt dann Sand in einem 1:1 Verhältnis zu. Das angerührte Gemisch füllt man in ein witterungsbeständiges Gefäß und stellt es möglichst senkrecht (siehe Foto). Zusätzlich empfiehlt es sich, Löcher mit Durchmessern von 5 – 8mm vorzubohren, denn diese wirken sehr anziehend auf bestimmte Arten. Nach dem Aushärten sollte die Masse mit dem Fingernagel abgekratzt werden können .
Schneckenhäuser
Einige wenige Arten legen ihre Brutkammern in leeren Schneckenhäusern an. Immer wieder findet man Schneckenhäuser auch in gekauften Nisthilfen, was aber leider nicht sinnvoll ist. Wenn man sich dazu entschließt, diese speziellen Wildbienenarten zu fördern und ihnen einen Nistplatz anbieten will, dann sollten die Schneckenhäuser am Boden und möglichst unter Steinen oder anderen „Vorsprüngen“ verteilt werden (siehe Foto). Wichtig ist auch, die Schneckenhäuser nicht zu fixieren, da die Bienen die Häuser oft noch einige Male drehen und bewegen bevor darin genistet wird. Häuser von Weinbergschnecken kann man häufig online finden (z.B. willhaben), aber es können auch Häuser von kleineren Schneckenarten verwendet werden.
Erdboden
Last but not least: Mehr als zwei Drittel aller Wildbienenarten nisten im Boden und daher sollte man auch dementsprechende Nisthilfen anbieten. Obwohl es viele sogenannte Bodenbrüter gibt, ist der Erfolg solcher Nisthilfen bei weitem nicht garantiert oder wird gerne auch von anderen Arten (Grabwespen, etc.) genutzt. Aber was braucht man dafür? Einen Magerstandort.
Als erstes sollte man also die nährstoffreiche Humusschicht entfernen und die so freigelegte Fläche mit Sand oder Kies befüllen. Bei Untersuchungen hat man herausgefunden, dass gewisse Arten bis zu 42cm in die Tiefe graben (Westrich 2015), was für so kleine Tiere sehr beachtlich ist. Daraus resultiert auch die auszuhebende Tiefe des Erdreiches: da nicht alle Arten so tief graben, können solche Substrate wahlweise auch in etwas größere Blumentöpfe gefüllet werden, welche zumindest 15 – 20cm hoch sind. Ansonsten kann man gut und gerne 50cm tief graben.
Beim Kauf und der Verwendung von Sand sollte darauf geachtet werden, dass dieser nicht gewaschen ist. Gewaschenem Sand fehlt die Bindigkeit und so werden die Grabgänge der Wildbienen immer wieder einstürzen. Optimal ist sogenannter Flugsand, der aber schwer zu erwerben ist. Alternativen bieten ungewaschener Putzsand oder Feinsand.
Spezielle Hummel-Nisthilfen
Hummeln nisten gerne in verlassenen Kleinsäugerbauten, in denen sie eine geräumige Nesthöhle und Nistmaterial vorfinden. Diese Bedingungen lassen sich relativ einfach mit speziellen Nistkästen nachahmen. Anleitungen zu DIY-Nistkästen findet man hier oder hier.
Reinigung von Nisthilfen
Die Reinigung von Nisthilfen ist eine heikle Angelegenheit, denn es sollten keine benutzten Röhren dabei zerstört werden. Auf was man achten muss und wie man am besten vorgeht, wird am Ende dieser Website erklärt.
Baumaterial
Wildbienen benötigen gewisse Materialien, mit welchen sie die Trennwände in ihren Niströhren bauen und letztendlich auch die Eingänge verschließen. Gewisse Materialien muss man gar nicht anbieten, da die Bienen diese mehr oder weniger überall finden. Andere Materialien kann man eher schwer anbieten und man kann lediglich darauf achten, ob diese in der näheren Umgebung verfügbar sind. Faszinierend ist, dass die Verschlüsse der Niströhren fast so vielfältig sind wie die Wildbienenarten selbst. Daher ist es sogar möglich, Arten am benutzten Material und dem Durchmesser des Verschlusses zu bestimmen. Es gibt hierfür eigene Bestimmungschlüssel, z.B. nach Westrich.
Hier eine kleine Auswahl an Verschlussmaterialien: Lehm, Sand, mineralisches Material, Blattstücke, Harz, dünne/dicke Häutchen, (dürre) Grashalme, Blütenblätter, Pflanzenmörtel, Pflanzenhaare, Bohrmehl, holziges Material, …
Nahrungspflanzen
Oft bleiben Wildbienennisthilfen unbesiedelt. Das kann verschiedene Gründe haben. Vielleicht ist die Nisthilfe ungeeignet (siehe nächster Abschnitt) oder es fehlen wichtige Nahrungspflanzen in der Umgebung! Wildbienen fliegen bei der Nahrungssuche keine weiten Strecken und daher wird eine Nisthilfe in einem mehrmals wöchtenlich gemähten Garten mit englischem Rasen und Schotterbereichen ziemlich sicher unbesiedelt bleiben (wenn nicht gerade der Nachbar einen naturnahen und strukturreichen Garten hat- in dem Fall sind die Wildbienen wohl in dessen Garten anzutreffen). ABER: Es ist kein riesiger Garten notwendig, um Wildbienen anzulocken. Auch ein kleiner Balkon mit einigen durchdacht bepflanzten Blumenkästen reicht vollkommen aus!
Generell sollte man wissen, dass sowohl Männchen als auch Weibchen für die Eigenversorgung hauptsächlich Nektar sammeln. Pollen (und teilweise Öle) werden für die Versorgung der Nachkommen „geerntet“, zu den Nistplätzen transportiert und in den Brutkammern (zusammen mit je einem Ei pro Kammer) gelagert. Wie viel Pollen die Bienen für die Versorgung einzelner Brutzellen benötigen variiert artspezifisch sehr stark und kann von sieben Blüten (bei kleineren Arten) bis hin zu über 1.000 Blüten (bei größeren Arten) reichen. Dabei werden meist mehrere Kammern pro Nistplatz angelegt.
Zusätzlich ist es wichtig zu wissen, dass bei Wildbienen zwischen polylektischen und oligolektischen Arten unterschieden wird. Oligolektische Arten (ca. 30% der in Österreich vorkommenden Arten) sind entweder auf eine Pflanzenfamilie oder Pflanzengattung spezialisiert und können genetisch bedingt gar nicht auf anderen Blüten ausweichen. Polylektische Arten weisen keine Spezialisierungen auf und können fast alle Blüten anfliegen.
Da Wildbienen große Mengen an Nektar für den Eigengebrauch sammeln müssen (weil fliegen so energieaufwändig ist) und gleichzeitig relativ viel Pollen für die Versorgung der Nachkommen benötigen, sollte für ein reiches und andauerndes Blütenangebot gesorgt werden- am besten mit einem Trachtband. Dieser Imkerei-Fachbegriff bezeichnet die permanente Blütenverfügbarkeit über das ganze Bienenjahr hinweg (Ende Februar/Anfang März bis Oktober). Wohlgemerkt handelt es sich bei einem Trachtband um den Optimalfall, denn nicht jede der ca. 700 Wildbienenarten in Österreich fliegt zur gleichen Zeit. Die Flugzeiten sind artspezifisch und verteilen sich von März bis Oktober. Zusätzlich zum Blühzeitpunkt sollte auch auf den Pollen- und Nektarwert geachtet werden. Die Schilder bei uns im Bee.Ed-Bienengarten weisen alle diese Werte (und weitere) aus. Weiterführende Informationen finden sich z.B. im Buch „Bienenweide“ von Prof. Dr. Günther Pritsch (v.a. in Bezug auf die Auswahl passender Pflanzen) sowie auf der Website von Paul Westrich (wildbienen.info).
Ungeeignete Nisthilfen
Mittlerweile kennt sie faster jede:r: Die „Insektenhotels“ oder „Bienenhotels“ in Bau- und Gartenmärkten oder in vielen anderen Geschäften bis hin zum Diskonter. Diese Artikel werden mittlerweile in einer unüberschaubaren Vielfalt angeboten und oft auch zu Preisen, bei denen man oft zurückschreckt. Vor allem wenn man bedenkt (und nach dem Lesen dieser Website auch weiß) wie schnell und günstig (oder sogar kostenlos) Nisthilfen selbst hergestellt werden können.
Abgesehen vom Preis gib es aber noch ein viel größeres Problem: Diese käuflichen Nisthilfen sind in den meisten Fällen ungeeignet und teilweise sogar schädlich für Wildbienen, was sich auch darin widerspiegelt, dass solche „Hotels“ oft unbesiedelt bleiben. Aber was daran ist eigentlich ungeeignet bzw. schädlich?
- Ungeeignetes Material: Zapfen, Stroh, Schneckenhäuser (in der Nisthilfe!), kleine Holzblöcke, angebohrte Platten mit Hohlräumen dahinter etc. helfen keinem Insekt. Diese Materialien werden lediglich deswegen verwendet, weil sie ´gut´ aussehen, günstig sind und viel Platz einnehmen. Solche Materialien locken, wenn überhaupt, nur Ohrwürmer (Dermaptera) an, welche als Pollendiebe gelten und somit den Wildbienen schaden. Weiters sollte auf Risse in Röhrchen oder gebohrtem Holz geachtet werden, denn solche Hohlräume werden nicht besiedelt. Von einer Wildbiene besiedelte und bearbeitete Hohlräume sind ein mehr oder weniger geschlossenes System und bieten der Brut bis zu einem gewissen Grad Schutz vor Parasiten. Durch Risse geht dieser Schutz verloren und Wildbienen besiedeln solche Hohlräume instinktiv nicht.
- Schädliches Material: Es ist von größter Wichtigkeit, dass Röhrchen (egal ob Schilf, Bambus oder Pappe) nicht zerfranst sind, denn die Bienen zerreißen sich daran die Flügel und verenden. Viele Hersteller verwenden leider dennoch zerfranste Röhrchen. Auch bei Modellen mit vermeintlich ´schöne Röhrchen loh´nt sich ein genauer Blick, denn oft sind es Bambusröhrchen die so geschnitten wurden, dass sie nur 1 – 2cm tief sind und dann bereits ein Knoten zu sehen ist. Diese Röhrchen werden für immer leer bleiben.
- Schutzdraht/-gitter: Wenn ein Schutzdraht verwendet wird um hungrige Vögel (vor allem Spechte) davon abzuhalten sich an den Brutzellen gütlich zu tun, dann sollte dieser in einem Abstand von mind. 10cm zu den Eingängen der Nisthilfe montiert werden. Einerseits brauchen die Wilbienen etwas Platz, um sich am Eingang bewegen zu können und andererseits haben Spechte relative schmale und länge Schnäbel und zusätzlich bis zu 10cm (!) lange Zungen. Deswegen ist ein Draht/Gitter welches unmittelbar vor den Nisteingängen montiert wurde, nutzlos.
- Einheitlich: In vielen Nisthilfen finden sich Röhren mit dem selben Durchmesser. Da artpsezifisch aber unterschiedliche Durchmesser bevorzugt werden, sollte es unser Ziel sein, Wildbienen eine dementsprechende Nisthilfen-Vielfalt zu bieten.
- Plexiglas: Spione, welche es ermöglichen, dass man einzelne Elemente der Nisthilfe auslösen kann und dadurch einen Blick auf die Brutkammern ermöglichen, sind didaktisch sehr wertvoll und ermöglichen spannende Beobachtungen. Jedoch sollten keine Spione angeboten werden in welchen reine Plexiglas-Hohlräume verbaut wurden. Da hier wenig bis keine Atmungsaktivität gegeben ist beginnen die Brutkammern oft zu schimmeln. Es empfiehlt sich, Nistblöcke, welche aus Einzelelementen bestehen, oder hochqualitative Spione zu verwenden (hier und hier).
Hier ein paar Beispiele für ungeeignete und schädliche Nisthilfen:
Zu guter Letzt gibt es noch riesigen Nisthilfen, oft in Form des jeweiligen Firmenlogos gestaltet und damit ein optimaler Blickfang für alle Kunden. Aber taugen diese Nisthilfen zu etwas? Jein. Um diese Fragen zu beantworten, müssen verschiedene Aspekte (Standort, Ausrichtung, Material und Nahrungsverfügbarkeit) beachtet werden. Abgesehen davon müssen Nisthilfen auf keinen Fall so riesig sein, denn bereits in einer kleinen, mit Röhrchen gefüllten Dose können sich mehrere hundert Individuen enwtickeln. Hier nun zwei Beispiele:
- Standort: direkt an einem Kreisverkehr und einer viel befahrenen Strasse (~); Ausrichtung nach SO (+)
- Nahrung: wenig bis keine Nahrungspflanzen in der unmittelbaren Umgebung (-)
- Material: extreme Platzverschwendung durch die Verwendung von Stroh, Ästen, Zapfen und unbearbeiteten Holzstücken (-); viele Leerräume (-)
- Material: alle Hölzer wurden stirnseitig angebohrt (-)
- Material: nur Ziegel und Holzstämme; im Vergleich zur Gesamtgröße viel zu wenig Hohlräume (-)
- Schutz: zu wenig Abstand zwischen Nisthilfen und Draht (-)
- Standort: an der Kreuzung zweier viel befahrener Strassen (~), Ausrichtung nach S (sehr sonniger Standort) (+)
- Nahrung: direkt vor der Nisthilfe wurde eine relativ große Bienenweide angelegt (+)
- Material: Röhrchen verschiedenster Größe (+), einige lose (Mitte links) und viele zerfranst oder stark verformt/gequetscht (-)
- Material: größtenteils sauber gebohrte Löcher mit zumindest zwei unterschiedlichen Durchmessern (+)
- Material: Lehmsteine (?) (+)
- Schutz: kein Draht, was zu geplünderten Niströhren führen kann (-)
Buchtipps und Websites
Wildbienen – Die anderen Bienen (Westrich)
Die Wildbienen Deutschlands (Westrich)
Welche Wildbiene ist das? (Petrischak)
Entdecke die Bienen (Möller, Pasch & Kranz)
Fertig zum Einzug: Nisthilfen für Wildbienen (David)
Informative Websites zu Wildbienen, Nisthilfen, etc.:
https://www.wildbienen.info/index.php
https://www.wildbienenwelt.de/
https://www.wir-fuer-bienen.at/wildbienen
https://www.wildbienenschutz.de/
https://aktion-hummelschutz.de/
Nisthilfen, Material und Pflanzen kaufen:
Hummeltischler (DE)
Bienenhotel (DE)
Stockhaus-Keramik (DE)
Wildbiene (DE)
Naturschutzcenter (DE)
Wildbienenschreiner (DE)
Reinhard Molke (DE)
Mauerbienen (DE)
Wildbienenglück (DE)
Bienensteine (DE)
FlowBee (DE)
Fotos und Informationen:
Literatur:
Für die Erstellung der Wildbienennisthilfe und des darin verwendeten Materials wurde auf die Expertise und Tipps von Paul Westrich, Werner David und Andrea Möller zurückgegriffen. Deren Bücher und Websites, welche auch für die Gestaltung des vorangegangen Textes verwendet wurden, sind unter „Buchtipps“ und „Informative Websites zu Wildbienen, Nisthilften, etc.“ verlinkt.